Gefühle und Emotionen sind das Natürlichste der Welt und dennoch tun wir uns schwer mit diesen komplexen menschlichen Mustern, deren Bandbreite weit umfassend ist. Jeder von uns kennt Freude, Traurigkeit, Angst oder Zorn und dennoch ist es gar nicht so leicht diese Regungen in Worte zu packen und erst recht nicht, ihnen ihren freien Lauf zu gewähren. Auch das Verständnis darüber, inwiefern dich deine Emotionen in bestimmten Situationen beeinflussen, ist komplex. Dabei haben es Menschen, die ihre Gefühle klar ausdrücken, im Leben oftmals leichter. Wie auch du da hinkommst und zu einem selbst-emphatischen Menschen wirst, erfährst du in diesem Artikel.
Die Sache mit dem Gefühlsausdruck
Bedürfnisse und Gefühle unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt voneinander: Bei einem Bedürfnis benötige ich Dinge von außen, um mich gut zu fühlen. Ein Gefühl entsteht von innen heraus und möchte nach außen transportiert werden. So sind Gefühle innere Regungen, die nach Ausdruck verlangen.
Bist du zum Beispiel überglücklich und fröhlich, möchtest du dies ganz automatisch der Umwelt mitteilen. Dasselbe gilt für anderen Gefühle, wie Trauer oder Wut. Behältst du deine Gefühle immer nur für dich und lässt sie nicht an die Oberfläche, belastet das deine Psyche. Auf lange Sicht können so psychische und psychosomatische Beschwerden entstehen. Die Ansicht, dass das Innerste eines Menschen Privatsache ist und nicht nach außen gehört, ist längst veraltet.
Trotz einer unausweichlichen Allgegenwart von Gefühlen wurde der Mensch lange Zeit nicht als fühlendes Wesen („homo emoticus”) anerkannt. Gefühle wurden eher als Beiläufigkeit betitelt, an erster Stelle stand die Moral. Das hat sich mittlerweile stark gewandelt, heute wissen wir um die Relevanz der Gefühle und geben ihnen mehr Raum. Dennoch fällt es vielen Menschen schwer, offen mit ihren Gefühlen umzugehen, vor allem, wenn sie dadurch Schwäche zeigen könnten.
Gefühle ausdrücken kann man lernen
Wer lernen möchte, seine Gefühle besser auszudrücken, muss zunächst bei sich selbst anfangen. Denn: Hinter der Scheu oder dem Unvermögen Gefühle zu zeigen, stecken immer erfahrungsbasierte Hemmungen. Das kann zum Beispiel die Angst vor Ablehnung oder als Schwächling und Mimose abgestempelt zu werden, sein. Auch die Befürchtung für unsere Gefühle Spott und Hohn zu ernten, spielt eine erhebliche Rolle. Eine gewisse Unsicherheit über die Richtigkeit des aktuellen Gefühls schwingt auch oftmals mit.
Die folgenden 5 Tipps verraten dir, wie du mehr Sicherheit im Umgang mit deinen Gefühlen erlangst und es dir leichter fällt, diese deiner Umwelt mitzuteilen.
- Jedes Gefühl ist richtig
… denn es ist ja bereits da. Wie kann es dann falsch sein? Es gibt keine falschen Gefühle! Diese Tatsache solltest du dir unbedingt verinnerlichen. Wenn du Angst hast, hast du Angst. Das Gefühl geht nicht weg, nur weil du es nicht haben möchtest und du oder andere es für unangebracht halten. Setzte dich also mit der Angst auseinander, sie ist gerade ein Teil von dir.
- Die Ursache für die Unfähigkeit, Gefühle zu zeigen, erkennen
Wie bei jedem Problem, hilft es auch hier, die Ursache für deine Gefühlshemmungen ausfindig zu machen. Dazu begibst du dich am besten auf eine Reise in deine Kindheit. Wie wurde in deiner Familie mit Gefühlen umgegangen? Wurden sie geschätzt und ihnen Raum gegeben? Oder wurden sie unterbunden und sich darüber in Schweigen gehüllt? Vielleicht gibt es auch ein bestimmtes Ereignis, in denen du schlechte Erfahrungen mit dem Zeigen deiner Gefühle gemacht hast? Das Erkennen der Ursachen löst das Problem nicht, es gibt dir aber ein Verständnis darüber, warum du so bist, wie du bist.
- Gefühle wieder wahrnehmen
Wer Gefühle zeigen möchte, muss sie erst mal wahrnehmen können. Das klingt banal, ist aber für Menschen, die sich davor verschließen, gar nicht so leicht. Also, brich auf zu einer Entdeckungsreise in deine innerste Gefühlswelt. Was bemerkst du, wenn du dich freust, wenn du traurig bist, dich schämst, Angst hast oder wütend bist? Wo im Körper spürst du dann etwas? Eine Schwere auf der Brust deutet meist auf eine Traurigkeit hin. Herzrasen, ein beschleunigter Atmen und Kribbeln in den Gliedmaßen auf Angst. Ein unangenehmes Ziehen im Körper, ein warmer und kribbelnder Kopf könnten bedeuten, dass du dich schämst. Ebenso kannst du bestimmte Situationen beobachten und analysieren, was dabei in dir passiert.
- Den Gefühlen eine Beschreibung geben
Nachdem du wieder etwas in dir spürst, versuchst du dies mit deinen eigenen Worten zu beschreiben. Das kann erst mal nur in Gedanken geschehen. Gelingt dir das und findest du Worte für dein Seelenleben, kannst du nun versuchen, diesen inneren Regungen, Gefühle zuzuordnen.
Für den Anfang reicht es, wenn du dich an den fünf Grundgefühlen orientiert:
– Freude,
– Angst,
– Trauer,
– Wut und
– Scham. -
Die Gefühle nach außen tragen
Wenn es dir gelingt, deine Gefühle im Inneren zu artikulieren, kannst du nun versuchen, damit in eine lebendige Interaktion mit deiner Umwelt zu gehen. Das, was du im Inneren praktiziert hast, nämlich das Beschreiben deines seelischen Zustands und dem Zuordnen zu einem Gefühl, machst du nun mit deinen Mitmenschen. Sollte sich das noch nicht gut anfühlen, ist es kein Problem, wenn du noch mal einen Schritt zurückgehst.
Das Ziel hinter dem Ganzen
Gelingt es dir jetzt deine Gefühle auszudrücken? Glückwunsch, du kannst stolz auf dich sein. Nun gilt noch zu klären, warum das eigentlich so essenziell ist. Den wichtigsten Punkt haben wir bereits geklärt: Gefühle verlangen nach Ausdruck, das ist relevant, um seelisch und mental gesund zu bleiben.
Des Weiteren erleichtert es dir die Interaktion mit anderen Menschen. Diese können dich nur verstehen, wenn sie wissen, was in dir vorgeht und was deine Beweggründe für deine Handlungen und Gedanken sind. Zu einem gewissen Teil funktioniert das auch über die nonverbale Sprache (Körpersprache, Gestik, Mimik …), aber eben auch über das direkte Benennen von Gefühlen und dem Teilhabenlassen an deinen Emotionen. Zusammengefasst: Für ein aktives und lebendiges Miteinander ist das Mitteilen von Gefühlen Voraussetzung. Das gilt nicht nur für die schönen und positiven Gefühle, wie Stolz, Freude oder Zuneigung, sondern auch für die weniger angenehmen, wie Traurigkeit, Angst oder Scham.
Jedes Gefühl ist richtig und erfüllt in dem Moment, in dem es auftritt, eine wichtige Funktion!
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.